Martin Amanshauser, Foto: Manfred Werner

geboren 1968 in Salzburg, Autor und Übersetzer aus dem Portugiesischen, journalistische Arbeiten („Profil”, „Format”, „Falter”, „Der Standard”, „Die Presse“, „Die Zeit“, „Die Welt“), Dr. phil. (Geschichte bzw. Portugiesisch/Spanisch/Afrikanistik).

Diplomarbeit Al-Garb und Galicien, Die ´Reconquista´ in Portugal (711-1147), Wien 1994.
Dissertation Taifas und Condados, Die mittelalterliche Stadt im Westen der Iberischen Halbinsel, Wien 2001.

Literatur zuletzt:
100.000 verkaufte Exemplare, Gedichte, Deuticke Verlag 2002, 2. Auflage 2002.
Chicken Christl, Roman, Deuticke Verlag 2004.
Alles klappt nie, Weltraumroman, Deuticke Verlag 2005.

Sachbücher:
Logbuch Welt, 52 Reisegeschichten, Christian Brandstätter Verlag 2007.
Viel Genuss für wenig Geld, Sachbuch, Christian Brandstätter Verlag 2009.
Das Rogner Bad Blumau, Perlen-Reihe 2013.
„Amanshauser & Wenzl“, Texte und Gesang auf der CD „Auf der falschen Seite von Ikebukuro“, Acute Music 2006.
Übersetzungen aus dem Portugiesischen (Luís de Sttau-Monteiro, David Mourão-Ferreira etc.) und aus dem Amerikanischen.

Bücher:
Hotel Lusitano (Roman) von Rui Zink, 144 Seiten, Wien-München 1998.
Apokalüpse Nau (Roman) von Rui Zink, 208 Seiten, Wien-München 1999.
Afghanistan! (Roman) von Rui Zink, 232 Seiten, Wien-Frankfurt 2002.
Mindestens tausend Verwandte (Roman) von Askold Melnyczuk, Wien-München 2006.
Haus der Witwen (Roman) von Askold Melnyczuk, Wien-München 2008.

Laudatio

Raimund Bahr für die Edition Art Science

Die Edition Art Science vergibt einen Preis für österreichische AutorInnen über Vierzig. Mit der Vergabe dieses Sonderpreises lenkt die Edition Art Science das Augenmerk auf das Schaffen „mittelalter und älterer AutorInnen“ und setzt somit ein bewusstes Zeichen gegen die bis dato anhaltende „Teilnahmeberechtigt sind AutorInnen bis zum 30. Lebensjahr“-Hype-Kultur.  Mit Martin Amanshauser wird ein Schriftsteller geehrt, der nicht nur den Anforderungen des „Über vierzig“-Profils entspricht, sondern der bekannt ist für erfrischende Klarheit, eine Scharfzüngigkeit mit Unterströmung ins Groteske und dessen Veröffentlichungen teils von wienerischem Sprachwitz gekennzeichnet sind. Sein frivoler Witz verführt männliche wie weibliche LeserInnen, und mancher Leser/manche Leserin ertappt sich dabei, im Geiste ebensolch bösartige Gespräche zu führen wie Martin Amanshausers Protagonisten. Das ist nachhaltige Literatur, von der manch anderer Schriftsteller nur träumen kann. Wir gratulieren herzlich!

Gedichte

satt liegt deine hand

satt liegt deine hand
in der wölbung meines rückens
wie ein schiff, dessen abfahrt
ich heute nicht bemerke

früher hätte ich schleunigst
tabakwaren gefordert
heute bin ich froh dass wir
nicht danach schmecken

satt liegt auch draußen
ein köter am andern
und irgendwas drückt schnee
aus dem grau über uns

satt ist in uns das sichtbare
abgelebt sind wir sicher
du müsstest nur ins schülergeschrei
da unten hineinfragen

kurze befehle in fremden sprachen

meine lippen mit diesen rotweinkrusten
der rotwein scheint ungern hinein zu wollen
er klebt in meiner mitte
findet es dort angenehm

hinter dem fenster
die dächer über den rümpfen der häuser
schwarze vögel rümpfen die nase weit oben
weil sie nichts von der statik der dächer verstehen

das fenster selbst
so glatt würde mir nie etwas gelingen
andere leute haben geheimnisse

hinter der mauer gluckert wasser
von der straße erreichen mich
gegen meinen willen
kurze befehle in fremden sprachen

vernunft

die vernunft ist manchmal im fahrradkeller
manchmal am dach – sehr selten hier
ich hab sie das letzte mal getroffen
vor der erfindung des kalten biers

am ende der straße erzeugen sie gerne
montags bis freitags den langen krieg
ich glaub ich beiß lieber
der taube den kopf ab
als dass ich hier warte

bis jemand siegt

paprika unwahrscheinlich

daheim schreib ich kot ins tagebuch
mein kopfpolster hat deinen mundgeruch
ich tu mir so leid wie herr leidenfrost
im 13a auf dem weg zu den sternen

genossen haben mich angerufen
ich soll es in ihrer sektion versuchen
am kommenden sonntag ich denk mir die haben
nichts zu verlieren nichts mehr zu lernen

nebenbei bin ich noch immer alleine
ansprachen halte ich wenig bis keine
im sommerregen denkst du keine zigarette
lang an mich und ich hab meine tage

im kühlfach liegt paprika den ich gekauft hab
er kommt mir so unwahrscheinlich vor
soll ich dich anrufen heute bis morgen
das ist meine älteste frage

ich lieb dich schon

die besten freunde hat man
auf den nassfrisierten bäumen
mein vogel spielt dir trommel
meine würgegötter reimen
ich drücke deinen kaltbeton
kaputt mit meinem zeh
ich laufe über fenchel
und hasenfuß und klee
ich kicke meine mädel weg
ich lecke meinen traum
der schädel ist mir rot geworden
starrt aus eeinem raum
hinein in erste-klass-waggons
in rollendes vergnügen
ich lieb dich schon
ich muss jedoch
wenn ich es sag auch lügen

Mein Weißbrot ist weiterhin polnisch

Mein Weißbrot ist weiterhin polnisch
Es spricht in Rätseln zu dir

Es holt sich aus deinen vergessenen Laden
mit Hilfe von Schläuchen sein Bier

Du kennst mich am Tag und am Morgen
Du kennst mich zur Hälfte auch nachts

Was ich dir sage ist immer fast alles
Ich hab uns zum Beispiel Karotten gebracht

Mein Weißbrot sagt immer die Wahrheit
Ich selbst lüge schweige dahin

Du kommst mir nahe, ich geh weit weg
Die anderen sagen, ich bin jetzt so dünn.