Julia Rhomberg, Foto: Klara Rhomberg

Julia Rhomberg, Studium der Geschichte, Kunstgeschichte, Romanistik in Heidelberg, Bologna und Wien. Lebt und arbeitet seit 1996 in Innsbruck. Diverse Veröffentlichungen.

Laudatio

„kurz – kurz – kurz“ – wähl ich als Stichwort und Marker für Julia Rhombergs Gedichte. Kurz meinte aber nicht die Menge der Zeichen am Papier, so kurz sind diese Gedichte nämlich gar nicht, kurz meint in erster Linie: Kein Wort zuviel. Julia Rhomberg geht direkt auf die Wörter zu und diese teilen sich: Phänomen, Beobachtung, Einfall, Kapriole. Das Zusammenfügen all dieser in einem Gebilde – man sagt Gedicht dazu.

Eine Art Zeilenwanderung ist das, was der lesende
Kopf dann tut.

„ich / ich/ diese jokerpronomen“ – zitier ich eine Zeile – es nicht schreiben und doch anwesend sein lassen, nicht ausgesprochen aber Zeuge – Auswahlfaktor so ein Joker und wohin führt uns das:
Stimmung ja, Stimmung intensiv im besten Wortsinn verdichtet Stimmung ja, Beobachtung dazu kleinteilig, genau fokussiert, adjustiert und wenn der Ton vielleicht doch etwas in die Höhe kommt – die nächste Zeile schafft die Gegenbewegung, relativiert, untergräbt, unterwandert, subversiv also gleichsam, Abschwung.

Nun, so ist es aber einfach.

Die Wahrnehmung und die Wahrnehmung im Kopf, läuft das eine in das andere. Und der Joker, das sind wir, die das hören dürfen.

Gedichte

FREITAG früh
schulkinderschmetterlingstag
               & leichte wellen

samstags damenphalanx
blumenhauben

mittwochs männermeteoriten
               schlagkräftig

im juni aber lichtwechsel
               ins pappelgrün

hallenbad amraser straße, innsbruck

 

WOLKENREGATTEN am wellenkamm
des karwendels

das kommen und gehen der lichtschatten
hinterm bug der augenlider

im dickicht der tagträume
lispelnde gräser

entfernungen ins grün
ins blau

sommer

hinter vill

EIN nachtfalter faltet
die nacht in deiner hand

auf und zu
auf und zu
ein spanischer fächer

zehn zentimeter über
dem asphalt

stürzt der große bär in
eine brigade von sternen

als ich zur tankstelle
gehe, bier holen

SEPTEMBER
in der luftkälte begonienwinter
erste talschatten, blau

und rollenwechsel
stündlich jetzt

ich
ich
dieses jokerpronomen

innsbruck

UND wieder ein viertelmond

               pausenzeichen in der
vielstimmigkeit des nachthimmels

im cantabile der planeten
               komposition ohne anfang
und ende in der

ich herumtappe
               mit nackten füßen
nur die wurzeln halten

die erde fest in dieser nacht
der hang eine bühne das

weltall zuschauerraum
grashalme statisten der

               schlafsack nass
ein löwenzahnmeer das

nach welcher regieanweisung
auch immer
               im dunkeln blüht

obernberger see