Klaus Händl

Klaus Händl, 1969 in Rum/Innsbruck geboren, Schauspielausbildung bei Julia Gschnitzer und Eva Zilcher. Lebt in Wien, Berlin und Port am Bielersee (Schweiz). Engagements am Wiener Schauspielhaus (Leitung Hans Gratzer) und in einigen Filmen. Diverse Veröffentlichungen.

Laudatio

Ilse Kilic für den Feldkircher Lyrikpreis 2007

Der Gedichtzyklus von Klaus Händl hat mich sofort beeindruckt. Er fällt auf, fällt auf durch seine Knappheit, seine Sparsamkeit und Sperrigkeit, zugleich sofort der Impuls, laut zu lesen, mir selbst vorzulesen, den Rhythmus zu erproben, sich dem Rhythmus anzuvertrauen, eine „eigene” Leseweise zu finden, wobei die Weise durchaus auch als kleine Melodie verstanden werden kann. Die Worte in diesem Gedichtzyklus sind durch Doppelpunkte verbunden und getrennt, Doppelpunkte zwischen den Worten, manchmal auch mitten in den Worten, sodass diese unterbrochen und um eine Lesevariante erweitert werden. Diese Form, rauh und schroff, stimmt mit den dargestellten Inhalten überein: eine unwirtliche Gegend, durch die sich das „Ich” bewegt, das Örtchen Gnadenwald im sehr winterlichen Tirol, diese Gegend voller Schneisen und Innehalten, Innehalten um Luft zu holen, den Rhythmus zu finden, den so genannten eigenen Rhythmus in all der Stille. Aber Gnadenwald, ein so sprechender Name, er beschränkt sich nicht auf das Örtchen in Tirol, nein, schließlich gibt es ja auch den Kaukasus nicht nur am Kaukasus, sondern, wie das Gedicht schreibt, auch auf dem Mond und so ist auch Gnadenwald mehr als Gnadenwald, oder auch weniger, nämlich, kein Zweifel, ein Wort in einem Gedicht, einem Gedicht, das mich sofort beeindruckt hat.

Ich gratuliere Klaus Händl zum ersten Preis.

Gedichte

STILLE fiel : der schnee : weiss :
über nacht : auf erden : an :
riss ich : die decke : vor der :
tür zu : rück im er : sten :
schnee sind : mein : e :
schritt : e da : da : von :
mond : milch : strassen :
rasen : weiss : von schnee :
er : er : scheint : als ein :
e : sich : el : die mich :
brannte : m : ich zer :
schnitt :
(I)

LAVA ist er : starrt zu : tälern :
kalt : ist es : ein dort : wie hier :
fehlt : die luft : was vor sich :
geht : ist : nicht zu hören :
meine schritte : wie ver :
schluckt : stürzt : das geröll :
herab herrscht : toten : stille :
auf dem mond : gibt es :
die alpen : und kar : paten :
pyre : näen : kau : kasus : die apen :
innen : nach der welt : be : nannt :
aber ohne meere : s : spiegel :
sind die höhen : seiner berg :
e uns noch un : bekannt :
(II)

GNADEN : wald : ein ort : im grünen :
wo : es schneit : im winter : weiss :
von den birken : rinden : springen :
finken : kleiber : flügge leiber : die :
wie ich : am sammeln sind : larven :
puppen : vogel : beeren : lesen sie :
aus dem gebüsch : reisig für :
mein lager : feuer : alte nester :
sammle ich :
(III)

AUF der hut : vor falschen zweigen :
schlingen : leim : auf dürren ruten :
stichen : unter weichen : nadeln :
fuchs und jäger : bin auch ich :
grün : gewandt an : grün : specht :
schneisen : schlagend : an den :
einen : andern :
stamm : für stamm :
die klammen : schritte :
ziehen an : den : schatten : nieder :
wie der winter : schmelzen kann :
(IV)

SCHRITT : für schritt : ein ort :
aus orten : gnadenwald :
gebrochen : brach :
an der leine : lose : wäsche :
in der kälte : unter strom :
zittern : von : den flügel : schlägen :
luft und leitung : hoch : gespannt :
auf den drähten : ist es wind : still :
hocken : sie sie : sammeln : sich :
flechten : moose : gras : im rücken :
ganze häuser : halbe zeilen :
gna : den wald : so gehe : ich
(V)