Knut Schaflinger

Knut Schaflinger, 1951 in Graz geboren, Studium in Wien. Arbeitet als freier Filmemacher und Redakteur bei den ARD-Tagesthemen in Hamburg, Dozent an der Bayrischen Akademie für Fernsehen in München, wohnhaft in Hamburg und Friedberg. Mehrere Preise. Zahlreiche Veröffentlichungen.

Laudatio

Mit origineller Bildfindung und eigenem Ton reizt Knut Schaflinger aus, was eine Metapher vermag: völlig verschiedene Bildbereiche werden zu einem Bild zusammengezwungen. Anschaulich, dennoch höchst originell.

Gedichte

WAS ZWEI DREI VIER BEINE HAT, STEHT.

Eine Tierschau
Senkt sich ins Lot. Ein Katzenfell
Aber kann Wind
dem Flügel ein Feind sein der aus der Spur kommt
die Ab
Weichung ist eine Krümmung
um die die Stromleitung durchhängt wenn Star
und Sperling sich sammeln kurz
vor dem Schlaf
der Draht weicht dann
zur Springschnur auf und schlägt einen Raum aus
der die Stille
einhüllt wie ein Katzenfell mit dem Rücken
zur kommenden Nacht

VERWÖHNTER TIGER MIT PAUKE.
Eine Belohnung

Und liefen die Tiger
an ihren eisernen Leinen nicht mehr
im Kreis
entkamen sie scharrten sie Späne aus
ihrem Beritt
erst Wachtel später nahmen sie anderes Klein
Tier unglaublich wie
der Dompteur
nur mit den Fingern schnippt dann
ein gebändigter Tusch und eine handsame Pranke
liegt zärtlich auf
diesem Schlagfell der Trommel greift langsam
zur Mitte des Beckens
zeigt uns die Höhe im Ton verstellbar
wie rundgesungenes Vieh
erinnert
ans Weiße vielleicht
von hauchdünn geschnittenem Speck

ZWEITE FISCHHAUT.
Ein Altpapier

In Treppen
Häusern Zeitungsstapel als ob ein Gnaden
Brot von gestern vor den Wohnungs
Türen
fest verschnürt sei
und die grobe Masche leuchtet wie dein Haar
Band letzte Nacht im Traum
das Kreuz
Worträtsel fast gelöst
und manchmal ist ein Bild vom letzten Sommer
sorgsam
ausgeschnitten
das Papierpaket dann offen wie ein Fenster
eingeschlagen
darin frischer Fisch
vielleicht

WEICH WIRD DER GEFRORENE KRAGEN
ERST VOM VOGELBLUT.

Ein Hindernis

Wenn der März
noch hart ist hängen manchmal die Hemden
wie Bretter
auf der Leine und die gefrorenen Ärmel
sind der verdoppelte Hals
einer Laute der
der Wind
die Wirbel wie Eisfinger zerbrochen hat
Tage sind das
die klirren wenn wieder ein junger Vogel schnee
blind ins steife Tuch
rast die weiße Bluse mit dem Winter
Himmel verwechselnd
färbt sich darunter
der Kragen wie von wundgespielten Fingern
rot bis er
unter dem zuckenden Meisenkopf taut

AUS OFFENER STALLTÜR EIN KUHAUGE.
Eine Schlachthausvariante
Wie Winter
Wind den Rauch
aus den Kaminen in den Himmel streicht
seine graue Lasur
die Stall
Tür ist offen und die eiserne
Luke zum Silo davor wo die Hitze getrockneter
Mahd
einen verblassenden Freigang beschwört
von Kühen
bemüht sich loszueisen
die Ketten schlagen den Kalk aus der Wand
und in den Futter
Rinnen käuen
beißend dampfende Fuhren aus Heu
unübertragbar
die Wasserzeichen des Sommers wieder