Slata Roschal

geboren 1992 in Sankt Petersburg. Studium der Germanistik, Slavistik und Komparatistik in Greifswald, Promotion 2021 an der LMU München zu Dostoevskijs Untergrundmenschen. Lyrikbände (Wir verzichten auf das gelobte Land, Reinecke & Voß 2019; Wir tauschen Ansichten und Ängste wie weiche warme Tiere aus, hochroth München 2021). Lyrischer Roman 153 Formen des Nichtseins (homunuclus Verlag 2022), im Frühjahr 2024 erscheint das nächste Buch bei Ullstein/Claassen. Veröffentlichungen von Lyrik, Kurzprosa und Rezensionen in vielen Literaturzeitschriften, Zeitungen und Anthologien. Übersetzungen aus dem Russischen, Herausgabe zweier Anthologien zum Ostseeraum bei Reinecke & Voß 2017.

Zahlreiche Nominierungen (Bayerns Beste Independent Bücher, Lyrik-Empfehlungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, SWR-Bestenliste, SZ Bücher des Jahres, Shortlist »Text & Sprache« des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, des BücherFrauen-Literaturpreises, Longlist des Deutschen Buchpreises u. a.), Stipendien (LCB, Adalbert-Stifter-Verein, Arbeitsstipendium des Freistaates Bayern, Künstlerhaus mare, Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds u. a.) und Preise (Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern, Kunstförderpreis des Freistaates Bayern, Schubart-Literaturförderpreis der Stadt Aalen u. a.).

www.slataroschal.de

Laudatio

Laudatio auf Slata Roschal

Lyrikpreis Feldkirch 2023

Die fünf Texte von Slata Roschal verbinden ein Lebensgefühl, das sich nicht festlegen will. Etwas Fluides. Aufkeimende Sehnsucht nach Sesshaftigkeit oder Glück über ein Zuhause werden vom Wunsch nach Freiheit gestört und in Frage gestellt. Die in Petersburg geborene Autorin ist mit fünf Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen. Sie ist zweisprachig aufgewachsen und oft umgezogen, wie sie in einem Interview sagt. Beides öffnet den Horizont für unterschiedliche Denkweisen und Wahrnehmungen. »Wir verzichten auf das gelobte Land« heißt Slata Roschals Lyrikband, der 2019 erschienen ist. Kann sein, dass der Verzicht Freiheit ermöglicht?

Immer wieder steht das Establishment auf dem Prüfstand, Selbstverständliches wird hinterfragt und provoziert. »Wenn alles eine Frage von Manieren ist, dann fühlt es sich zu trüb zu dumpf an«, meint die Autorin und nimmt sich die Freiheit, mit ihren Gedanken zu spielen, lässt leichtfüßig Menschen Morde begehen oder stürzt sich selbst vor einen vorbeifahrenden Zug. Ihre eigene Warnung »achte auf deine Gedanken Gefühle Gedärme «nimmt sie nicht ernst, wie die anderen, die Gesellschaft, die Vorkommnisse um sie herum ignorieren oder nicht auf sie reagieren. Dennoch sind die Gedichte nicht schwer oder melancholisch. Grausamkeiten werden unpathetisch fast beiläufig beschrieben und haben keine Konsequenzen. »Es liegt was Frühlingshaftes in der Luft« lesen wir danach und vergessen das vorangegangene Tragische.

Die Texte spielen mit Kontrasten und Gegensätzlichem, bleiben daher überraschend und spannend. Die Leserin vermeint zu kennen, was sie liest, und wird in der nächsten Zeile doch aus der Geschichte gerissen. Gewohntes Sehen wird genau in den Blick genommen und unerwartet verknüpft.

»Wir behalten eine gute Miene zum bösen Spiel«, endet ein Gedicht, und lässt so die Leser:innen trotz aller Ambivalenz gestärkt zurück. Die Jury war einstimmig überzeugt von der preiswürdigen Qualität der Texte und gratuliert Slata Roschal ganz herzlich.

Marie-Rose Rodewald-Cerha für die Jury

des Feldkircher Lyrikpreises 2023

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Gedichte

 

 

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