Ute Dietl, 1963 geboren, lebt in Darmstadt. Studium der Psychologie und Ausbildung zur Psychotherapeutin. Seit 2010 Mitglied der Darmstädter Textwerkstatt, Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien.
Laudatio
Marie-Rose Rodewald-Cerha für die Jury des Feldkircher Lyrikpreises 2014
Der Beitrag ist eine Herausforderung an die Leserin, setzt er doch Wörter in unkonventionelle Konstellationen, sodass sich ein Verständnis erst nach genauem Lesen erschließt. Das ist spannend. Zwei oder mehrere Handlungsebenen werden ineinander verspreizt, gewohnte Verbindungen halten nicht stand und lassen Klischees keinen Raum.
Jedes Gedicht öffnet Türen, bietet eine Möglichkeit an neuen Bildern innerhalb eines Rahmens, der - wie in Gedicht 1 und 3 - am Ende durch die Wiederaufnahme anfänglicher Begriffe deutlich wird.
Es geht um Situationen, Beziehungen, die so nicht sind sondern auch anders, und die durch das Auftreten von Vögeln: Kranich, Kuckuck, Wildgans, eine Verdichtung erfahren. Ihr Symbolgehalt legt sich atmosphärisch über das Gedicht. Der Ruf des Kuckucks macht uns misstrauisch, der Kranich bringt Hoffnung. Das ist sehr schön und konsequent gemacht und hat die Jury überzeugt.
Wir gratulieren Ute Dietl zum 3. Platz.
Gedichte
wie oft
tupft sie salz in die wunde schäumt den schmerz krakelige kreise mustern körperteile schärfe dringt in poren wasser trägt den sommer fort es bricht ihr die augen der ruf des kuckucks kriecht unter seine bettdecke streicht über krusten auf wangenknochen haut zum trocknen gespannt ihr flattern wie oft noch federn kissen kiele unter flügelschlägen diesseits aus dem bett stoßen anderswo ein nest aus flaum hautfetzen wirbeln auf schmecken nach salz
wie immer
liebten sie mehrfach später dann ein gerücht in mündern als das licht noch zu ahnen ist und bläulich schwarz auf dem wasser liegt eine wildgans fällt kreiselnd vom himmel fällt vor ihre füße bringt innereien dar wie immer schält sie gurken gegen den wuchs rupft ihr gefieder der ruf eilt zu fliegt ohne federlesen und verbreitet sich herz und nieren vergräbt sie im garten ein nachgeschmack bleibt morgen geht sie noch einmal in die schwarzbeeren
wie nie
sein sterben ihr schrei schrill liebster ein strohhalm am himmel formieren sich kraniche saugend taucht er in den zug ein sucht rastplätze auf verlässt sein quartier trompeten schleudern töne trennen fasern zucken hinter augenlidern der kranich lädt ihn zum tanz er spreizt seine federn schrill ihr schrei liebster ein strohhalm saugend taucht er ein beim gehen